Anton Fritzmeier wurde irgendwann in den Goldenen Zwanziger Jahren (so ganz genau weiß man das nicht) im fiktiven Dorf Heidental bei Detmold
als zeitältester Sohn einer alteingesessenen Bauernfamilie geboren. Da sowohl der Vater als auch der ältere Bruder bereits in den ersten Kriegstagen fielen, kam Anton um den Kriegseinsatz herum,
weil er als Landwirt „systemrelevant” war. Nur ganz zum Schluss wurde auch er noch für kurze Zeit zum „Volkssturm” eingezogen. 1955 heiratete er eine Bauerntochter aus dem Nachbardorf. Es war
keine Liebesheirat, mehr eine Zweckgemeinschaft, wie das damals unter Landwirten so üblich war. 1959 wurde sein einziger Sohn Egon geboren.
Fritzmeier war immer schon ein Eigenbrötler. Als Landwirt war er stets nur auf sich gestellt, musste sich weder mit Vorgesetzten noch mit Kollegen zusammenraufen und so wurde er im Laufe der
Jahre immer eigensinniger und schrulliger. Als 1981 seine Frau überraschend starb, verstärkte sich diese Entwicklung noch. Mit seinem Sohn verstand sich Fritzmeier nie wirklich gut und
folgerichtig nutzte dieser die erstbeste Gelegenheit und bezog eine eigene kleine Wohnung in Detmold. Er half nur noch sporadisch aus, bei der Ernte und wenn sonst Not am Mann war. Fritzmeier war
nun völlig allein auf dem Hof, wurde immer eigenartiger und verlor fast jeden Kontakt zur Außenwelt.
Er war auf dem besten Wege, einsam und allein nur noch auf seinen Tod zu warten, als sich sein Leben im Jahre 2000 radikal änderte (siehe:
Fürstliches Alibi). Ein kleines Häuschen, traditionell das Altenteil der Fritzmeiers, stand jahrelang leer, weil es für Anton ja keinen Bedarf gab, aus dem Haupthaus auszuziehen.
Dem Polizisten Jupp Schulte gefiel diese morbide Idylle, er zog in eben dieses Altenteil ein und holte damit den nun fast achtzigjährigen Bauern zurück ins pralle Leben. Nun ging es Schlag
auf Schlag. Fritzmeier erlebte nicht nur die Abenteuer Schultes hautnah mit, sondern stand auch selbst im Zentrum des Geschehens (siehe:
Bauernopfer). Für Schulte wurde er unentbehrlich, war sein Doc Watson bei Ermittlungen, sein Ratgeber in persönlichen Krisen und sein bester Freund in einer Person. Und als im
Jahre 2008 Schultes Tochter Ina mit ihrem Baby Linus ebenfalls auf den Hof zog, war es mit Fritzmeiers Ruhe und Weltabgeschiedenheit endgültig vorbei (siehe: Varusfluch).
Den Bauernhof legte er weitgehend still, schaffte alles Vieh ab und hielt nur noch ein paar Hühner. Aber da er eigentlich immer noch gut in Schuss war, fühlte er sich nicht wirklich ausgelastet.
Als Ina ihm vorschlug, aus einem alten Gesindehäuschen mitten auf dem weitläufigen Hofplatz einen Hofladen zu machen, war er, seinem Naturell entsprechend, erst skeptisch. Doch dann ließ er sich
überreden und hat das bis heute nicht bereut. Es kam nun viel Arbeit auf ihn zu, aber Fritzmeier wurde durch den Laden zum Kommunikations-Hotspot des Dorfes. Es gab schon lange keine Kneipe und
keinen Laden mehr im Ort. Ab sofort traf man sich bei Fritzmeier, zum Einkaufen oder auch nur für ein Feierabendbier und etwas Dorftratsch. Aus dem perspektivlosen, unnahbaren Misanthropen war
ein ebenso schrulliger wie weiser, toleranter und freundlicher alter Mann geworden, der seinen Platz im Leben und in der Dorfgemeinschaft gefunden hatte, der plötzlich Erfahrungen machte, die er
nie für möglich gehalten hätte. Er bot zwei jungen libyschen Flüchtlingen Unterschlupf (siehe: Gelobtes Land), freundete sich mit
einem Transvestiten an (siehe: Schnapsidee) und lernte auch im hohen Alter noch, dass das Leben viel mehr Facetten zu bieten hat,
als er sich hätte träumen lassen.
Äußerlich ist Anton Fritzmeier keine beeindruckende Erscheinung. Zu seinen besten Zeiten war er 1,74 m groß, ist aber mittlerweile altersbedingt auf 1,69 m geschrumpft. Die dünn gewordenen Haare
sind weiß und seit vielen Jahren trägt er auch eine Brille. Dabei hatte er sich lange gegen eine Brille gewehrt. Nicht nur aus Eitelkeit, sondern als echter Lipper auch wegen der Kosten. Als die
Sicht immer schlechter wurde, hat er bei Treckerfahren einfach die alte Brille seiner verstorbenen Frau aufgesetzt. Aber als auch das nicht mehr reichte, musste eine neue Brille her, natürlich
das billigste Kassengestell.
Ursprünglich war Anton Fritzmeier nur als Nebenfigur gedacht gewesen. Als ein dekoratives, folkloristisches Element, als Verkörperung des Lippers. Aber Fritzmeier hat sich nicht an unsere Pläne
gehalten. Er hat sich gegen unseren Willen mit gesundem Menschenverstand, Mut, Klarheit, Humor und einer beneidenswerten Tatkraft immer weiter in den Vordergrund unserer Geschichten gedrängt, wo
er nun einfach nicht mehr wegzudenken ist. Aus der struppigen, grantelnden Randfigur ist ein Sympathieträger geworden, wenn auch mit vielen Ecken und Kanten.
Ach ja..., zu seinem Alter muss ich auch noch etwas sagen: Eigentlich werden unsere Protagonisten mit jedem Buch etwas älter (so wie die Autoren auch - ist ja nur fair, oder?). Bei Fritzmeier
mussten wir uns aber was einfallen lassen. Wenn wir in diesem Tempo weiterschreiben, haben wir uns gesagt, dann ist Fritzmeier ruckzuck hundert Jahre alt und dann können wir ihm diese Abenteuer
nicht mehr zumuten. Also haben wir uns entschlossen, ihn für immer und ewig zweiundachtzig Jahre alt bleiben zu lassen. So schön kann das Dasein eines Krimihelden sein.
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